Wir haben in dieser Zeit viele wissenschaftliche Voruntersuchungen durchführen lassen, um eine Grundlage für die Planung der Renovierung zu schaffen, vor allem zu Statik, Feuchte, Versalzung der Wände, Beschaffenheit des Untergrunds und Ungezieferbefall. Welche Arbeiten sind nötig, welche sind möglich? Wir haben innovative Restaurationsmethoden geprüft, beispielsweise ob wir einen zusammenfaltbaren Hubsteiger zur Reinigung und Sanierung von Wänden und Decken anstelle eines Gerüstes nutzen können oder nicht. Außerdem haben wir viele Gespräche mit allen Beteiligten, wie Denkmalamt, Schulstiftung des Landes, Stadt Baden-Baden geführt und Ideen für eine behutsame
Modernisierung diskutiert.
Zunächst einmal möchten wir endlich Licht in die mittlerweile doch recht düstere Kirche bringen. Dann wollen wir die Elektrotechnik und die Energieversorgung modernisieren – vielleicht ist es möglich, die Thermalwasserwärme zu nutzen. Weitere Themen sind Eingangssituation, Akustik, Anordnung der liturgischen Orte und die Raumordnung überhaupt. Momentan prüfen wir viele Optionen und schauen, was sinnvoll und technisch möglich ist. Das ist bereits sehr spannend, weil wir so die Kirche mit ihren Geheimnissen immer besser kennen lernen. Zusammengefasst möchten wir die Raumgestaltung der Stiftskirche als Gotteshaus, Konzertstätte und Baudenkmal behutsam an die Ansprüche und Herausforderungen der Gegenwart anpassen.
Das kann ich nur schaffen, weil wir im Bauausschuss ein Team sind und in ein unterstützendes Gemeinde-Netzwerk eingebunden sind; außerdem liegt die Bauleitung ja beim Erzbischöflichen Bauamt Heidelberg. Ca. alle drei Wochen tagt der Bauausschuss mit den Pfarrgemeinderäten Markus Bähr und Dr. Georg Platz sowie den Gemeindemitgliedern Dr. Elisabeth Lammert, Gertrud Rettig, dem Architekten Peter Kruse und dem ehemaligen OB Wolfgang Gerstner. Für die Öffentlichkeitsarbeit ist Carl-Georg Gruner mit dabei. Diese Teamarbeit beflügelt ebenso wie die Aussicht, die Stiftskirche als bedeutendes Bauwerk und Grablege der badischen Markgrafen aus dem Dornröschenschlaf zu holen und sie in eine gute Zukunft zu führen. Was mich auch sehr motiviert ist zu sehen, wie sehr den Baden-Badenern ihre Stiftskirche am Herzen liegt. Wir haben ja Karten ausgelegt, auf denen man seine Gedanken, Gefühle und Erinnerungen aufschreiben kann – es ist sehr bewegend, diese Notizen zu lesen.
Ich war schon immer an Geschichte und Architektur interessiert. In einem Gebäude wie der Stiftskirche spiegelt sich Menschheitsgeschichte und Glaubensgeschichte in einem Umfang von tausend Jahren – und sogar Reste der römischen Bäder lassen sich noch unter der Kirche finden! Der Wandel der Zeiten, Kunstepochen, das Verhältnis von Machthabern und Volk, Freud und Leid einer Stadt, die Gestaltungskraft und der Mut einer Gemeinde, das alles ist hier zu einem Erbe aus Stein geworden. Ein schönes und wertvolles Erbe, das uns verpflichtet, es zu wahren und zu sichern. Und den Rahmen zu schaffen, dass hier auch in Zukunft Geschichte geschrieben werden kann.
Nun, es fällt ja schon lange ins Auge, wie verlebt, grau und düster die Kirche geworden ist. Stellen Sie sich mal vor, Sie hätten 60 Jahre lang zuhause nicht renoviert. An vielen Stellen sind dunkle Flecken und Salzausblühungen an den Wänden, ist der Putz aufgebrochen und auch einige Denkmäler sind schon „angefressen“, es sind Risse in den Säulen. Als vor fünf Jahren ein Metallstück aus dem Markgräflichen Wappen von der Decke fiel, war das wie ein Weckruf für uns: Es muss endlich etwas getan werden!
Die Kirche ist ja in erster Linie ein Haus der Pfarrgemeinde. Das bildet sich im oben beschriebenen Bauausschuss ab, der vom Stiftungsrat der Seelsorgeeinheit eingesetzt wurde. Dieses Gremium bereitet die Renovierung mit dem Erzbischöflichen Bauamt und weiteren Experten vor. Das betrifft auch die inhaltliche Gestaltung und natürlich die Finanzierung. Wir sind zuversichtlich, dass wir im Spätherbst 2018 die Planung soweit konkretisiert haben, dass wir sagen können, jawoll, diesen durchdachten Plan möchten wir nun als Vorschlag den Pfarreimitgliedern und den Menschen in der Stadt präsentieren und zur Diskussion stellen. Und dann stehen in der Tat auch Entscheidungen an. Der Bauausschuss wird bündeln und dem Pfarrgemeinderat das Projekt vorschlagen. Ein Projekt in dieser Dimension kann ja kein kleines Gremium für sich entscheiden. Hinzu kommen noch die Genehmigungen u.a. durch das Erzbischöfliche Ordinariat in Freiburg und die Gesamtkirchengemeinde, mit denen wir einen Finanzverbund bilden. Und natürlich müssen wir Anträge bei der Stadt und den Landesbehörden wie der Denkmalpflege einreichen. Das wird noch einmal mehrere Monate in Anspruch nehmen.
Nun, spenden kann man natürlich immer. Aber mein Vorschlag ist, jetzt erst noch die Planung abzuwarten. Wenn dann klar ist, was alles getan wird und was es kostet, hat die Frage nach Spenden auch eine Grundlage. Und dann soll die Sanierung ein gemeinsames Projekt für die Stadt sein – und das nicht zuerst in finanzieller Hinsicht!